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Mit der Harley durch Schottland

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    Mit der Harley durch Schottland

    Heidi

    Motorradreisen macht man entweder zu zweit oder mit einer Gruppe, so war meine Einstellung, die sich vom Mainstream nicht sonderlich unterscheidet. Dieses Mal ist es anders. Wir sind zu dritt.

    Drei ist eine merkwürdige Zahl. Entweder ist einer zu viel oder zu wenig. Es fehlt die Stabilität der Ausgewogenheit. Auf der anderen Seite kann eine Art Kreisel entstehen, eine rotierende Energie, die alle mitreißt. So, die leicht philosophische Betrachtung einer Motorradreise von einem Mann und zwei Frauen. Man könnte sich auch fragen: verdammt, wie hat der Kerl das hinbekommen, dass er gleich mit zwei Frauen unterwegs ist? Oder auch: der arme Teufel, wie hält er das nur aus, mit zwei starken Frauen unterwegs zu sein? Sicher ist, es sind drei besondere Menschen, die sich selber und ihre Rollen gut kennen.

    Peter, seine Frau und ich, als dritte Person, die mit beiden eng befreundet ist. Außerdem verbindet uns drei ein pragmatischen Ansatz: Das was wir tun, muss funktionieren. Vorwegnehmen kann ich bereits hier: es hat funktioniert und uns dreien zweieinhalb tolle Wochen beschert. Im Folgenden findet ihr den Reisebericht.

    Mittwoch 05.08.2015
    Nach 30 km Richtung Norden fährt Peter merkwürdig langsam. Der Motor heult auf. Er biegt ab in eine Straße, gesperrt durch ein Verkehrsschild mit einem weißen Balken auf rotem Grund. Am Straßenrand verschwindet er unter seinem Motorrad, soweit das möglich ist. Peter ist groß und kräftig ? das Motorrad auch. Die Kupplung schleift. ?So kann ich nicht weiterfahren?, brummt er und hantiert an der Verschlusskappe. Die Schrauben sind professionell fest angezogen und bewegen sich keinen Millimeter. Wir drehen, fahren wieder zurück, Peter baut in einer dreiviertel Stunde die neue Kupplungsscheibe ein und wir starten zum zweiten Mal in den wohlverdienten Urlaub. An einer Raststätte kurz vor Strasbourg treffen wir Peters Frau, die während des 2,5 stündigen Wartens Sonne und Urlaubslandwissen getankt hat. Endlich sind wir vollzählig.

    Wie die drei Könige aus dem baden-württembergischen Morgenland fahren wir hocherhobenen Hauptes gen Westen. Die Autobahn quer durch Frankreich zieht sich, lässt sich aber gut fahren und wir kommen zügig vorwärts. Reims ist unser erstes Ziel. Von hier ist es noch 230 Kilometer bis Calais und der Fähre nach England. Die Übernachtung im Templer Hotel ist edel. In meinem Bad kann ich Walzer tanzen und mich gleichzeitig von allen Seiten im Spiegel betrachten. Wir laufen durch die Stadt und finden ein hübsches Restaurant gegenüber der Kathedrale. Mit der Zeit füllt sich Platz mit Menschen. Sie sitzen zum Teil auf der Straße, auf den Bürgersteigen und auf Blumenkübeln. Um 22.30 Uhr ertönt erst leise, dann unüberhörbar, sakrale Musik. An der Fassade der Kirche erscheinen bunte, bizarre, lebendige Bilder, die Geschichten des Bauwerks erzählen. Der offizielle Name dieser Veranstaltung lautet Lumière Festival.

    Donnerstag, der 06.08.2015
    Zwei Stunden Autobahnfahrt dauert es noch bis zur Fähre nach Calais. Ruck zuck rollen wir auf die zweite Etage und verankern unsere Motorräder mit Riemen, die wir an rostigen Bodenverankerungen fixieren. Statt Fish und Chips essen wir im Bistro doch lieber gegrillte Rippchen und lassen es uns gut gehen. Zum ersten Mal sehe ich die berühmten Kreidefelsen von Dover. Die ersten Kilometer auf englischen Straßen sind begleitet von großen Schildern, die auf den Linksverkehr hinweisen. Irgendwie sind die Straßen anders als gewohnt. Erst nach einer Weile fällt mir auf, dass sie erstens sehr schmal und durch Backsteinmäuerchen seitlich begrenzt sind. Manchmal sogar mit Dach versehen, aus Blättern und Ästen, die sich mittig vereinen. Obwohl alles klein und beinahe kuschelig wirkt, jagen die entgegenkommenden Autos und Kleintransporter mit Speed an uns vorbei. Der nächste mobile Fish and Chips Laden ist unser und wir teilen uns die erste Portion.

    Peters Bremsen quietschen, als er abrupt links abbiegt zur Steam Train Station. Ein Ort, wo echte Eisenbahnfans Dampflockfahren erlernen können. Wir beschränken uns aufs Kaffeetrinken und probieren Buttermint-Tee aus. Köstlich.

    Eigentlich wollten wir in Brighton übernachten. Doch dort ist es so voll, dass wir weiterfahren und ein Hotel in Steyne, nah am Strand finden. Zunächst irren wir ein wenig verloren durch die Innenstadt. Doch dann finden wir ein hübsches Steak-Thai-Restaurant und genießen wohlschmeckendes Essen und Ambiente. Ich erinnere mich an die Worte meiner Schwester, die schon vor vielen Jahren behauptet hat, dass man in England gut essen kann.

    Freitag 07.08.2015
    Schon wieder Stau. Kurzerhand benutzen wir mit unseren zweirädrigen Fahrzeugen einen Radweg und schlagen so den Autoschlagen ein Schippchen. Peter biegt ab und passiert ein Einfahrtstor. Mein erster Gedanke ist: aha, wir müssen mal wieder wenden. Mit meiner noch neuen Road King Police sind die langsamen Fahrmanöver noch gewöhnungsbedürftig und nicht gerade meine Lieblingsübung. Doch diesmal täusche ich mich. Wir fahren vorbei an perfekt geschnittenen Rasenflächen und gepflegten Beeten, rollen über glatten sauberen Asphalt und stehen vor einer modernen, ästhetisch anmutenden Ausstellungshalle für Autos der Marke Rollce Royce. Führungen oder ähnliches gibt es nicht, nur drei Prachtexemplare in royal-blau und grau und allerlei Werbegeschenke. Sie haben Sommerpause und leisten sich die Besetzung des Empfangs mit zwei Personen, die uns sehr freundlich sagen: hier geht gerade gar nichts. Leicht irritiert steigen wir wieder auf unsere Motorräder, die mit einem Rollce Royce nicht ganz mithalten können. Mit einer S-Klasse sind sie aber durchaus vergleichbar.

    Als das nächste Steam-Train-Schild auftaucht, rechne ich fest mit dem nächsten Halt. Und habe recht. ?Hollycomb ? Steam in the Country? zieht uns in seinen Bann. Wir quetschen uns in ein offenes Zugabteil, nehmen Platz auf Holzbänken und lassen uns mit gemächlichem Tempo von einer echten Dampflock durch Wälder und Wiesen ziehen. Staunend stehen wir vor alten, in Betrieb gehaltenen Dampfmaschinen. Jede Menge knapp 100 Jahre alte Jahrmarkt Attraktionen werden durch die mit Kohle und Wasser gefütterten Dampfmaschinen angetrieben. Echte Kerle mit schwieligen, schwarzen Händen putzen Öl von messingbeschlagenen Zylindern, schaufeln mit Hingabe Kohle und kümmern sich um Maschinen, als gäbe es nichts Besseres auf dieser Welt zu tun. Als Jugendliche hätte ich es wahrscheinlich sau peinlich gefunden, aber mit 51 finde ich die Fahrt auf dem antiken Pferdchenkarussel irgendwie lustig. Die typische Kirmesmusik aus einer Orgel, die mit Lochkarten gefüttert wird, tut ihr Übriges dazu. Auch das Riesenrad und der weltweit einzig erhaltene Razzle Dazzle, der Vorläufer unzähliger rotierender Fahrobjekte, die es heute noch auf jeder Kirmes gibt, entlocken uns spitze Schreie.

    Die Straßen werden kurviger und mir fällt auf, dass der Blick nach vorne kurz ausfällt. Weit vorauszuschauen fällt schwer, wenn die Straßen hüglig und eng sind. Oxford ist unser nächstes Ziel. Die Innenstadt ist zum größten Teil für Autos und somit auch für Motorräder gesperrt. Also kurven wir ziemlich entnervt umher, um ein Hotel in der City zu finden. Sogenannte Apothekerpreise sind die Konsequenz für eine hübsche Unterkunft in Zentrumsnähe.

    Samstag 08.08
    Das Oxfordfrühstück ist sehr fein. Wir nehmen den ersten Harleyhändler der Strecke mit. Peter ersteht ein kariertes Harley Hemd ? Eine echte Ausnahme, da er sonst nur weiß trägt. Next Destination: Blechtley Park, ca. 70 km nordwestlich von London. Eine geheime militärische Dienststelle, die sich im zweiten Weltkrieg erfolgreich mit der Entzifferung des deutschen Nachrichtendienstes befasste. Und Geburtsstätte des ersten echten Computers. Wir zahlen 16 Pfund pro Person - und schon dürfen wir rein. 9000 Menschen haben hier in sogenannten `Huts` (Baracken) gearbeitet. Interessanterweise waren es nicht nur Wissenschaftler, sondern vor allem Menschen, die eine gewisse Rätsel-Intelligenz aufweisen und ein Verständnis für Sprache haben.

    In einem kleinen Glaskasten steht die Enigma, die erste Übersetzungsmaschine. Sie sieht aus wie eine alte Schreibmaschine mit drei Sonderrädchen zum Einstellen der Dekodierung. Zuhause schauen wir uns demnächst den passenden Film (The Imitation Game) dazu an, für den hier Reklame gemacht wird. Im Herrenhaus, der früherer Zentrale der Codeknacker, machen wir Teatime mit schwarzem Tee, Sandwiches und süßen Stückchen mit Butter und Jam.

    Auf der Autobahn jagen wir Schottland entgegen, denn schließlich ist das unser Ziel und England nur der Weg dahin. Kurz vor dem Lake District übernachten wir in Morecampe an der Westküste.

    Sonntag 09.08
    Nachts regnet es zum ersten Mal kräftig und wir steigen morgens auf nasse Motorräder. Dunkle graue Wolken begleiten unsere erste Strecke durch den Lake District. Wir nehmen eine kleine Fähre, um einen Stau zu umfahren, denn dieses Gebiet ist touristisch sehr erschlossen. Autos und Busse quälen sich durch enge Straßen. Wir ziehen unsere Regenkombis an. Das Hineinquälen in die Gummihaut ist mühsam, da Lederjacken und Hosen bereits feucht sind.

    Zwei Mal bilden sich lange Autoschlangen, weil ein Bus auf den engen Straßen nicht um die Ecke kommt. In Deutschland wären dies Einbahnstraßen. Doch die Engländer malen einfach einen Strich in die Mitte der Fahrbahn und schon ist die schmale Gasse für jeden von allen Richtungen aus befahrbar. Für Motorräder ist das Problem nur marginal. Wir fahren an den Autokolonnen vorbei, quetschen uns zwischen den frontal voreinander stehenden Bussen durch und sind die einzigen, die vorwärts kommen. Trotzdem verursachen die festgefahrenen Reisemobile Kopfschütteln bei mir, da mir nicht klar ist, wie und wann sich dieses Verkehrsknäul wieder entknoten wird.

    Kreativ, unkonventionell oder die Konsequenz unserer Ungeduld ? Das Durchschlängeln weiten wir aus auf die Parkplatzsuche. Wir nehmen Bordsteinkanten, gesperrte Fahrwege und enge Lücken zwischen parkenden Autos so lässig, als würden wir schmale Funbikes fahren statt Harleys. Geschafft, der Parkplatz direkt vor dem Cafe ist uns sicher.

    Auf dem letzten Stück Autobahn Richtung Norden sehen wir endlich das heißersehnte Willkommensschild. Wir haben es geschafft ? Hier beginnt Schottland. Schlagartig nimmt der Verkehr ab.

    Knapp zweihundert Kilometer fahren wir auf Landstraßen an der Küste entlang. Tolle, kurvige Strecken nehmen wir rasant. Ab und zu schweift mein Blick ab auf raue Felsen, Sandstände ohne Liegestühle, grüne Wiesen und Schafe. Doch nicht nur Schafe begegnen uns, sondern auch Hasen. Parallel zu Peters Motorrad hoppelt so ein kleines Nagetier mit circa 25 Stundenkilometer auf der Straße entlang. Es verlässt uns erst, als Gegenverkehr auftaucht.

    Wir übernachten in Ayr und tüfteln abends Fährverbindungen aus, da unser nächstes Ziel Islay ist, eine der Äußeren Hebriden Inseln mit drei der bekanntesten Whiskey-Distillerien.

    Montag 10.08
    In Regensachen starten wir um 8.00 Uhr. Die erste Fähre bringt uns innerhalb einer Stunde nach Aran. Hier gießt es wie aus Eimern. Nur schemenhaft nehmen wir die Insel wahr. Ich konzentriere mich auf die Straße. Die riesigen Pfützen verursachen seitliche Wasserfontänen wie bei einem Springbrunnen. Kaum stehen wir in der Warteposition zur Fähre ändert sich das Wetter. Das kann hier in Schottland ganz schnell gehen.

    Die nächste Fähre zur Halbinsel Kintyre ist klein und übersichtlich. Die Fahrzeuge stehen an Deck und wir bleiben in den Regenkombis in einem kleinen Gang sitzen. Mull of Kintyre, die bekannte südliche Spitze, besungen von Paul McCartney, schenken wir uns und fahren quer durch zum dritten Hafen. Auch wenn wir nur wenig sehen, gefällt mir die raue Schönheit der Insel mit ihren engen Kurven. Zudem essen wir hier die besten Fish and Chips der ganzen Reise.

    Nun haben wir wieder gute zwei Stunden Fährenzeit und ziehen die nassen Sachen aus. Nicola, Peters Frau, wringt ihre Socken aus und Peter sitzt ohne Stiefel in einem bequemen, ausladenden Ledersofa. Nur ich genieße meine neuen, teuren wasserfesten Stiefel, die ich mir zum Geburtstag geschenkt habe. Fucking warm und fucking dry. Sie halten, was sie versprechen.

    Kurz vor der Ankunft stehen Nicola und ich an der Reling und schauen auf die vor uns liegende, in klares Licht getauchte Küste. Sobald die Sonne herauskommt ist die Landschaft von einer unglaublichen Klarheit erfüllt, die mich tief beeindruckt.

    Voller Schwung verlassen wir die Fähre und geben Gas, bis Peter das untrügliche Zeichen macht. Er schwingt den Arm über seinen Kopf - das heißt für uns wenden. Kaum losgefahren sind wir auch schon vorbei gerast an unserer Lodge, die wir für zwei Nächte gebucht haben. Susan begrüßt uns. Immer wenn ich Namen höre, mache ich mir unweigerlich Gedanken zum Aussehen einer Person. Susan hört sich hübsch an. Die Frau, die uns in Empfang nimmt, passte so gar nicht zu meiner Vorstellung ? Sie war aber immerhin nett.

    Ein kurzer Spaziergang führt uns noch mal zum Hafen. Wir beobachten ein Frachtschiff, was entladen wird. Der verantwortliche Mitarbeiter kommt schließlich auf uns zu und spricht uns an. Weil wir interessiert sind, lädt er uns ein, sich den Vorgang direkt auf dem Schiff anzuschauen. So balancieren wir über einen schaukelnden schmalen Steg auf das Schiff und sehen so nah wie noch nie, wie das Getreide von beweglichen Schwenkarmen abgesaugt wird, um dann im Getreidespeicher des Hafens zu landen. Im einzigen Restaurant der Insel ist das lokale Bier aus, so dass uns der spanische Import munden muss und es auch tut. Die Langustinos und der Krabbensalat sind köstlich.

    Dienstag 11.08
    Im Kühlschrank unseres Appartements hat uns Susan Frühstücksteller gerichtet. Peter kocht 5 Minuten Eier im Wasserkocher. Dann hocken wir auf kleinen, harten Barhockern vor einem seitlichen Brett, das als Tisch dient und geben uns alle Mühe gemütlich zu frühstücken. Schneller als ursprünglich geplant sitzen wir wieder auf unseren gut gepolsterten Motorradsätteln und fahren alle Straßen ab, die im Süden befahrbar sind. Das Wort Straße verdienen sie nicht alle. Es ist eher eine Mischung aus Asphaltplatten, Schlaglöchern, Grasbüscheln, Schottersteinen und freilaufenden Tieren, wie Schafen, Rindern, Hasen und wild wegspringenden Kälbchen.

    Menschen begegnen uns wenig. Entgegenkommende Autos ab und zu. Die Autofahrer sind immer sehr freundlich, winken und schauen, wie man am besten aneinander vorbei fährt. Die meisten Straßen sind einspurig und ungefähr genauso breit wie die schmalen zweispurigen in England. Je mehr holprige Straßen wir fahren, desto sicherer fühle ich mich dabei und mein Motorrad und ich wachsen wieder ein Stück mehr zusammen.

    Um 13.30 Uhr beginnt laut unseren Unterlagen die Gourmetführung bei der besten Whiskydistillerie Lagavulin. Wir sind pünktlich da, wollen Karten kaufen, doch man schaut uns nur erstaunt an, denn wir haben nicht vorgebucht. Also drehen wir auf dem Absatz herum und fahren zur nächsten und zur übernächsten. Keine Chance. Sie machen weder Ausnahmen noch kommen sie uns in irgendeiner Form entgegen.

    Wir fragen uns erstaunt, was das soll und fahren erst mal zu unserer Lodge was essen. Eigentlich wollten wir ausruhen, doch uns treibt es nach kurzer Verschnaufpause wieder auf die Motorräder. Peter findet heraus, wo Octomore, einer der teuersten und besten Whiskys der Welt hergestellt wird. Wir fahren gen Norden und bekommen dort wenigstens ein Tasting, wenn auch keine Führung.

    Einen weiteren Gaumenschmaus erkaufen wir uns für 5 Pfund in einer Distillerie, weitab von der Hauptstraße, mitten in der Pampa. Danach brauche ich einen Kaffee, denn auch wenn ich nur nippe spüre ich den Alkohol des Whiskys, der immer deutlich über 50 Volumenprozent aufweist. Die Fahrt auf der Insel gefällt mir immer besser. Wir halten an einem alten Friedhof mit Grabsteinen, die mehr als 200 Jahre alt sind. Eine weitere Distillerie ohne touristischen Tamtam liegt direkt am Wasser mit eigenem Hafen. In der Abendsonne auf einer Brücke stehend, denken wir darüber nach, dass heute Lkws wahrscheinlich billiger sind als die Verladung auf Schiffe. Einen Platz im einzigen Restaurant bekommen wir heute Abend nicht. Also kaufen wir im Lebensmitteladen um die Ecke allerlei Leckereien, setzen uns auf die Stühle, die unsere Hinterteile nicht verwöhnen und schnabulieren Local-Food in trauter Küchenatmosphäre.

    Mittwoch 12.08.15
    Früh am Morgen fahren wir zum zweiten Hafen der Insel und warten und warten und warten. Es gibt nur einen Anleger für große Fährschiffe und der ist noch besetzt. Also gehen wir in eine kleine Bar, schreiben Postkarten an die Lieben und sind schließlich die Ersten, die in den Bauch des Schiffes einfahren. Wieder müssen wir zentimetergenau stehen, damit die Motorräder von den Angestellten festgezurrt werden. 4 Stunden Überfahrt liegen vor uns.

    Den Zwischenstopp an einer kleinen Insel nehmen wir kaum war, stattdessen suchen wir nach Essbarem in der Kantine, planen die nächsten Streckenabschnitte oder schlafen. Ich schreibe an diesem Bericht. In Oban verlassen wir das Schiff und fahren zum Hotel, das Peter auf der Fährfahrt gebucht hat. Die schön geschwungene Landstraße verleitet zum Schnellfahren ? Und schnell sind wir dran vorbei gefahren. Wir drehen auf der Straße und balancieren auf rutschigem Schotter auf ein schon in die Jahre gekommenes Herrenhaus zu.

    Es ist die englischste bzw. schottischste Unterkunft der bisherigen Reise. Dunkelbraune, genoppte Lesersofas laden zum Verweilen ein. Die dunklen Wandvertäfelungen, rote Samtvorhänge und altehrwürdige Möbelstücke mit goldenen Füßen erinnern an Krimis mit Agatha Christie oder Sherlock Holmes.

    Wir packen kurz aus und sitzen schon wieder auf dem Motorrad. Die 200 km lange Strecke führt uns über kleine gewundene Sträßchen, die mit dem Hinweisschild ?Single Track? beginnen. Mit 60-80 km/h rasen wir diese entlang. Das eine Auge fest auf den Schotter gerichtet, der meist mittig liegt, das andere Auge blickt nach vorne, falls wir ausweichen müssen. Der Blick für die Schönheit der Landschaft entfällt bzw. findet nur statt, wenn wir kurz Rast machen. Es ist ein aufmerksames und konzentriertes Fahren, was Spaß macht.

    Nicola findet das richtige Wort zur Beschreibung der kurvigen schottischen Straßen. Sie sind unrhythmisch. Man kann sich auf nichts einstellen. Mal sind die Kurven weit, mal eng, mal machen sie zu, dann wiederrum ist bremsen überflüssig. Auch wechselt ständig der Straßenbelag. Mal ist der Asphalt glatt wie ein Kinderpopo und wenig später hoppeln wir daher wie junge Wildpferde. Furchen, Risse, Löcher, Quer- und Längswellen wechseln sich ab, ohne Prinzip, ohne Logik, einfach so.

    Die dreieinhalb Stunden bis zum Abendessen vergehen im Flug. Das schottische Abendessen verwöhnt unsere Gaumen aufs Feinste, der Whisky sorgt für die nötige Bettschwere.

    Donnerstag 13.08
    Wir starten Richtung Fort William, der größten Stadt der westlichen schottischen Highlands, am Ufer des Loch Linnhe. Fasziniert schauen wir auf Neptuns Staircase, die volkstümliche Bezeichnung einer Schleusenanlage im Kaledonischen Kanal. Sie besteht aus 8 Schleusensegmenten mit einem Gesamthub von ca. 20 Metern. Vor 13 Jahren war ich schon mal hier. Damals gab es direkt an den Schleusen einige alte Pubs. Mit einem Guinness in der Hand beobachteten wir die Schiffe, die von einer Staustufe zur nächsten fuhren.

    Heute bin ich verwirrt. Es gibst weder Pubs noch Schiffe, die diese alte Schleusenanlage passieren. Auf dem Weg zur nächsten Fährverbindung halten wir kurz an der ?wahrscheinlichen? Geburtsstätte des Highlanders. Halten, absteigen, 3 Minuten Aufenthalt, Foto machen und weiter ist die Devise, denn wir haben heute noch viel vor.

    Ebenfalls in Eile werfen wir einen Blick auf den berühmten Harry Potter Zug Hogward Express und erfahren, dass die Fähre, die uns ein Stück Wegstrecke ersparen sollte, ausgebucht ist. Also kehren wir wieder um, fahren zurück nach Fort Williams und haben das Gefühl heute kaum vorwärts zu kommen. Das vorgebuchte Hotel liegt noch gute 300 Km vor uns und es bereits 14.00 Uhr. Alle drei sind wir leicht genervt und verlangen uns selber und den Motorrädern einiges ab.

    Ein Überholmanöver jagt das nächste. Jedes Auto vor uns ist wie ein Triggersignal: Auto = Überholen. Sind wir auf der Flucht oder im Urlaub fragen wir uns bei der nächsten Pause selbstironisch und grinsen breit.

    Nach 100 km nehmen wir den Druck raus, schauen uns das Highlander-Schloss an. Kurz vor der Brücke, die die Insel Sky mit dem Festland verbindet, biegen wir auf die West-Coast Strecke ab. Gut, dass wir noch einmal getankt haben, denn auf den nächsten 135 km gibt es kein Benzin. Und gut, dass wir ein Hotel vorgebucht haben. Jede Übernachtungsmöglichkeit an der wir vorbeifahren, ist belegt.

    Die Sonne taucht die Landschaft in ein so strahlendes Licht, dass ganz Sutherland, so heißt das Gebiet hier, wie reingewaschen wirkt.

    Mit den letzten Sonnenstrahlen biegen wir um kurz vor 21.00 Uhr endlich auf den Parkplatz unsers Hotels ein. Von außen unscheinbar, offenbart sich das Innenleben charmant, edel und exklusiv. Wir bekommen, trotz vorgerückter Stunde noch ein 3-Gänge-Menue und blicken biertrinkend auf den beleuchteten Hafen des kleinen Örtchens Logen.

    Freitag 14.08
    Umschwärmt zu werden ist eigentlich wünschenswert. Nur wenn es sich um 1 Millionen Mücken handelt hört der Spaß auf. Es regnet leicht. Beim Anziehen der Regenkombi beißen diese kleinen Ungeheuer in freiliegende Haut und schrecken auch vor Nasen- und Ohrlöcher nicht zurück. Wir flüchten und mit dem Fahrtwind wird es besser. Der einspurige Weg führt uns ca. 35 Kilometer an der Küste entlang und erfordert unsere ganze Aufmerksamkeit.

    Unzählige Autos kommen uns hier am Ende der Welt entgegen und wir müssen immer wieder Ausweichmanöver fahren. Dank regelmäßiger passing places ist das gut möglich. Auffällig sind eine Reihe von alten offenen Oldtimern, besetzt mit noch älteren, grauhaarigen Herrschaften, die sich beinahe majestätisch für vorausschauendes Anhalten bedanken. Wir nicken huldvoll zurück und fahren besonders elegante Bögen um die herausgeputzten Oldies. Wir vermuten eine Clubausfahrt oder ähnliches.

    Obwohl unsere Tageskilometer nur 220 betragen sind wir auch heute knapp 7 Stunden unterwegs. Die Küstenstraße zieht sich. An manchen Stellen würde ich gerne ein Foto schießen, doch auf dem Motorrad ist das nicht so einfach. Erstens entscheidet immer derjenige, der vorne fährt, wo, wann und wie oft wir halten. Außerdem sind Geschmäcker und Vorstellungen davon, was sich zum Fotografieren eignet unterschiedlich. Die Koordination von drei Personen ist also nicht immer einfach. Daher bleibt es meistens bei der Erinnerung an eine landschaftlich ungewöhnliche und abwechslungsreiche Straße.

    In einer Bar gönnen wir uns mal wieder das Traditionsessen Fish and Chips. In einer anderen Blueberry-Muffins. Fabrikgebäude tauchen auf ? mitten am Strand im Nirgendwo. Ein riesiges kugelförmiges Gebilde bildet den Mittelpunkt des Komplexes. Wir folgen den Visitor-parking Hinweisen und lesen auf Schildern, dass es sich um eine Wiederaufbereitungsanlage handelt. In den 90iger Jahren ist dort der ?schnelle Brüter? gebaut worden. Angeblich sollen hier 2000 Menschen beschäftigt sein. Wo die herkommen sollen ist uns allerdings schleierhaft.

    Ich bin nicht ganz bei der Sache. Eine Weide mit muskulösen, eleganten, schwarzen Bullen fesselt meine Aufmerksamkeit. Gibt es mögliche Zusammenhänge, an die nie erforscht wurden ? Bullen, Muskeln, Kernkraft ? meine Fantasie geht mit mir durch.

    Das Hotel ist heute nicht einfach zu finden. Erst durch nachfragen gelangen wir zur Toreinfahrt, die geradewegs auf das schlossähnliche Anwesen führt. Der Schlossbesitzer ist noch auf seinem Anwesen unterwegs, daher müssen wir an der Rezeption ein paar Minuten warten. Die Zimmer sind very britisch, das Bad ist ins Zimmer integriert, so dass die Körperreinigung in der auf Füssen stehenden Badewanne einen beinahe öffentlichen Charakter bekommt. Nach zwei Flaschen Rotwein schläft es sich unter dem Himmelbett teuflisch gut.

    Samstag 15.08.15
    Wieder beginnt der Tag mit dem Anziehen der Regenkombi. Gott sei Dank ohne Mücken. Ziel ist die nördlichste Stelle des schottischen Festlandes, um das sich zwei Stellen streiten. Zuerst besuchen wir die weniger touristische Stelle, die jedoch die wahrscheinlichere ist. Sie nennt sich Dunnet Head, Britain`s northernmost bastion, ein ehemalig militärisch genutzter Stützpunkt.

    Danach gibt es ein zweites Frühstück am John O` Groats, dem offiziellen nördlichsten Punkt. Ab hier geht es wieder Richtung Süden. Es ist kühl und regnerisch. Ein Engländer spricht uns an und outet sich als Motorradfahrer, der in der Vergangenheit hier ebenfalls zweirädrig unterwegs war. Nun zeigt er auf seinen Pkw und meint, dass dieses Gefährt doch deutlich geeigneter ist.

    Am Nachmittag zeigt die Sonne den dicke Backen machenden Gewitterwolken wer hier das Sagen hat. Dieses konkurrierende Wetterduell fabriziert einen so lebendigen Himmel, dass ich mich zwingen muss, den Blick wieder zurück auf die Straße zu führen. Außergewöhnlich früh kommen wir in Inverness an, der einzigen Stadt des schottischen Highlands, die sich ?City? nennen darf. Wir ruhen uns aus und lassen die Seele baumeln.

    Sonntag, 16.08
    Heute wird?s richtig urlaubsmäßig. Wir schlafen lang, frühstücken und ruhen uns danach sofort wieder aus. Erst gegen 12.00 Uhr sind wir abfahrtbereit und machen uns auf den Weg Loch Ness zu umfahren. 100 km misst die Strecke, die das länglichste und tiefste aller Löcher einkreist. Am Morgen haben wir bereits die legendäre Bootstour gebucht, denn wer weiß, vielleicht sind wir diejenigen, die Nessi, das Ungeheuer zum ersten Mal sehen. Wir halten kurz an einem mystischen Friedhof und machen einen kurzen Stopp in Fort Augustus. Und siehe da, hier finde ich all das, was ich bereits in Fort William vermutet habe.

    Die Pubs an der fünfstufigen Schleuse sehen noch genauso aus wie vor 13 Jahren. Ich bin irgendwie erleichtert, dass alles noch da ist und nicht einer grünen Wiese weichen musste, wie erst vermutet. Statt Bier trinken wir Kaffee und müssen uns sputen, denn die Bootsfahrt ist um 15.00 Uhr gebucht. Obwohl wir richtig Gas geben, kommen wir zu spät nach Drumnadrochit, dem wichtigsten Ort des Nessi-Tourismus. Wir stellen fest, dass die Buchung nicht funktioniert hat, das Schiff bereits weg ist, wir aber völlig unproblematisch auch um 16.00 Uhr mitfahren können.

    Die Bootstour ist sehr nett und der einzig wahre Nessihunter bespricht uns eine Stunde lang mit allen wichtigen Infos zum Loch und Ungeheuer, was er, wie er zerknirscht zugibt, auch noch nie wirklich gesehen hat. Auffällig ist die dunkle Farbe des Wassers und je nach Lichteinfall und Wellenintensität könnte man meinen, den ein oder anderen Buckel des Wasserungeheuers kurz gesehen zu haben, bevor es wieder in die Abgründe des 250 Meter tiefen Sees verschwindet.

    Inverness hat uns am Schluss des Tages nicht überzeugt. Das schönste Lokal hat keinen Platz für uns. Die anderen Lokalitäten sehen wenig einladend aus. In einen Italiener in Schottland einzukehren macht uns nicht an. Also kaufen wir frisches Gemüse, Dips, Chips, und einiges mehr und ?kochen? Salat mit frischen Krabben in unserem Apartmenthaus.

    Montag 17.08
    Wir haben traumhaftes Wetter. Die Sonne lacht, der Himmel ist überwiegend blau und dennoch traue ich der Wettersituation nicht ganz über den Weg. Beim ersten Wendemanöver bricht mir der Schweiß aus. Heute bin ich viel zu warm angezogen. Ich bin froh, dass Peter als bald Richtung Küste fährt und an einem kleinen Hafen stoppt. An alten Holztischen schlürfen wir Kaffee und schlecken Blaubeereis, während wir uns langsam entblättern. Kinder (vermutlich schottische) baden tatsächlich in der Bucht, die vom Meer abgeschirmt ist. Wir sind in Findhorn gelandet, einer spirituell, esoterisch orientierten Lebensgemeinschaft. Gründet wurde sie von Eileen Caddy, die mit Gott in Kontakt stand und Botschaften von ihm hörte. Daraufhin hat sie mit ihrem Mann diese Enklave gegründet hat. Noch heute bietet die Findhorn Community Seminare an, die den Menschen durch Energie und Spirit auf den Weg helfen sollen. Das motiviert auch uns über Gott und die Welt zu philosophieren und festzustellen: wir sind auf einem guten Weg.

    Die Landschaft im Westen von Schottland ist deutlich lieblicher, friedlicher und im herkömmlichen Sinne hübscher. Sie erinnert mich ans Allgäu. Nur die Rindviecher unterscheiden sich deutlich. Mit ihrer Fransenmähne und dem wuscheligen, braunen Fell können sie mir durchaus Sätze entlocken wie: ?Ach sehen die süß aus.? Bei den Schwarzbunten kommt mir solch ein Ausspruch sicherlich nicht über die Lippen.

    Das Schild Whiskey-Trail macht wach. Peter biegt abrupt links ab, wendet, jagt verkehrt herum durch einen kleinen Kreisverkehr und parkt vor dem bekannten Whiskeyproduzenten Glen Grant. Hier funktioniert alles wie am Schnürchen. Eine aus Kaledonien stammende Frau macht die Führung mit ganzem Körpereinsatz und lässt uns in die Kessel mit dampfender Maische sogar hineingreifen. Eigentlich ist das Whiskey machen einfach. Man nehme Wasser, Gerste, Hefe und die richtigen Temperaturen und fülle die Essenz ab in Eichenfässer. Nur durch die jahrelange Lagerung in Fässern, bekommt der Whiskey sein Aroma. So die Theorie. Was die Qualität und den Unterschied ausmacht, bleibt ein Geheimnis. Ist es das Wasser, der Torf, das Ausräuchern der Fässer oder möglicherweise doch geheime Zutaten? Wer weiß! Wir lösen das Rätsel nicht, sondern nippen an zwei angebotenen Proben. Je älter, je besser ist unser einstimmiges Ergebnis.

    Die Straßen machen Spaß und es sind nur noch 57 km bis zu unserem Hotel. Die Bäume, Moose und Farne erinnern mich stark an Robin Hood. Obwohl er ja in England sein Unwesen trieb und nicht in Schottland. Fast fahren wir Rebhühner tot, die über die Straße stolzieren, als gehörte sie ihnen. Ich bin froh, dass wir so laut sind und sie damit motivieren schneller davon zu fliegen.

    Apropo schnell. Die britischen Verkehrsexperten haben eine Lieblingsverkehrsinfo, mit der sie die Asphaltstraßen zu tapezieren. Ob in Städten, vor Städten, nach Städten oder in den Highlands ? überall, wirklich überall steht in großen Druckbuchstaben das Wort SLOW auf der Straße. Wir haben es in zweieinhalb Wochen vielleicht 500 oder 1000 Mal gelesen. Wir diskutieren darüber, was wohl, die Konsequenzen ist, wenn man, wie die Inselbewohner die Aufforderungen jeden Tag mehrfach liest, immer und immer wieder. Wird dann nicht nur langsam gefahren, sondern auch langsam gedacht, langsam gearbeitet, sich langsam bewegt, langsam gesprochen ?

    Wie verarbeitet unser Unterbewusstsein dieses Wort, dessen Kontakt unvermeidbar ist ? Außer ich verlasse das Haus nicht mehr? Ist das Ziel hier wirklich richtig gesetzt?

    In ?Boat oft the Garden? einem winzigen Dorf steht das nächste Hotel. Fast überkommt uns Mittelmeerfeeling, als wir in blau-weißem Ringelshirt und heller Leinenbluse in der späten Nachmittagssonne Shandy, ein Zitronenlimonade/Biergemisch in uns hineingießen. Sobald die Sonne scheint ist es himmlisch.

    Dienstag, 18.08.15
    Die Realität holt uns ein. Grauer Himmel und einen bis auf den Mantel abgefahrenen Hinterreifen präsentiert der neue Morgen. 250 Kilometer haben wir bis Edinburgh und dem nächsten Harleyhändler, der Nicola den neuen Reifen am nächsten Morgen montieren kann. Wir fahren vorsichtig, nicht langsam, durch die Highlands. Eigentlich eine wunderschöne Strecke, wenn es nicht ununterbrochen regnen würde und wir abgelenkt sind durch die besondere Reifenproblematik.

    Selbst eine der interessanten Städte Europas wirkt im Regen alles andere als einladend. Ein bisschen lustlos wandern wir in Edinburgh umher und konzentrieren uns schließlich auf unser Abendessen.

    Mittwoch 19.08.15
    Ich weiß nicht, ob einer von uns dreien gebetet oder der Wettergott einfach ein Einsehen hat. 20 Grad und Sonnenschein liefert der vorletzte Reisetag frei Haus. Heute gibt es Kultur. Nicola erzählt schon die ganze Reise von einer besonderen Kirche. Die Rosslyn-Chapel, südlich von Edinburgh ist gute 500 Jahre alt und voller Symboliken, Geschichten und besonderer Fresken. Schon am Parkplatz spüren wir eine besondere Anziehungskraft und die Vermarktungsfähigkeiten der Schotten, was diese Kirche betrifft. Im Eintrittspreis enthalten ist ein zwanzig minütiger Einführungsvortrag, der unterschiedliche Aspekte, dieser für die Weltgeschichte bedeutsamen Kapelle, beleuchtet.

    Irgendwann fällt Peter auf, dass die Kapelle so stabil gebaut ist, als wäre sie eine große Kathedrale. Und man würde mit der Kapelle nur den oberen teil sehen. Eine interessante Theorie.

    Am Nachmittag laufen Nicola und ich durch Edinburgh zum Schloss. Ein Schottlandaufenthalt ohne eine einzige Schlossbesichtigung geht gar nicht. Das Castle ist wahrlich sehenswert und hat so alles was man sich von einem richtigen Schloss wünscht ? und noch etwas mehr. Neben den schottischen Kronjuwelen, dem Stone of Destiny, dem Gefängnis und der Kapelle, die gleichzeitig das älteste Gebäude Edinburghs ist, gibt es einen sehr kleinen Friedhof für die Haustiere der Soldaten.

    Ein bisschen befremdlich wirkt das moderne Stadionkonstrukt, was genau vor die Haustür des Schlosses gebaut wurde für militärische Paraden. Auf dem Weg durch die Altstadt begegnen uns zahlreiche Straßenkünstler. Im ganzen August ist hier eine Art Künstlerfestival ? ob es regnet oder die Sonne scheint.

    Auf dem Rückweg zum Hotel holt uns dann wieder der schottische Wetter ein und wir kaufen einen Regenschirm mit Schottenmuster. Beim Abendessen schauen wir gemeinsam auf die letzten 15 Tage. Wir sind alle drei froh hier gewesen zu sein. Das Wetter allerdings macht das Fahren nicht immer zum reinen Vergnügen, die leeren Straßen dagegen schon.

    Donnerstag 20.08.2015
    Die letzten 200 Kilometer auf schottischen Straßen versüßen wir uns mit saftig, cremigen Lemoncake, Schokomintkuchen und Cheesecake mit weißer Schokolade. Das muss noch mal sein, bevor wir auf die Fähre gehen. Für die Strecke nach Newcastle in Nordengland brauchen wir locker 4 Stunden, da Peter extra kleine Straßen aussucht, um ungestört von anderen Verkehrsteilnehmern sein eigenes Tempo und seinen eigenen Stil zu fahren. Auf Fähren zu fahren machen wir mittlerweile total souverän. Das Verzurren klappt wie am Schnürchen, so dass wir uns zügig den wirklich wichtigen Sachen zuwenden können. Ein Feierabendbierchen im Schiffskasino und die heiße Schlacht am kalten und warmen Buffet.

    Nach einer Nacht in Stockbetten verlassen wir die letzte Fähre dieses Urlaubs in Amsterdam, gewöhnen uns sofort wieder an den Rechtsverkehr und fahren noch mal locker 700 Autobahnkilometer nach Hause.

    Daten der Reise:
    Kilometer: ca. 5000 Fahrzeuge: HD Road King




    Nicola

    Motorradurlaub in Schottland ? August 2015 ? Mit drei Harley Davidson Road Kings.

    Schottland liegt nicht vor der Haustüre, um mit dem eigenen Motorrad von Stuttgart aus dieses Land zu erleben. Doch es lohnt sich- wenn man nur einmal durch Frankreich und über den Kanal nach England fährt, dort allerlei allerlebt und auf der Rückfahrt die Fähre von Newcastle im Nordwesten von England nach Amsterdam zurückfährt. Und wenn man Regensachen dabei hat und - wetterunabhängig - gute Laune und vor allem gute Freunde.

    Wir haben uns gute zwei Wochen Zeit genommen, um den nördlichsten Punkt von Großbritannien zu erreichen und zurück ? und es war wunderbar.

    Gesammelt haben wir uns an der ersten Raststätte hinter Straßburg auf der Strecke nach Metz. Heiß war es, ich habe mir seit langen das erste Mal Espadrilles gekauft, um für zwei Stunden des gemütlichen Wartens (Peter musste spontan noch sein Motorrad reparieren) den Motorradstiefeln entfliehen zu können. Banal scheint das nur wenn noch nicht klar ist, dass uns ca. 50 Meter nach der Grenze nach Schottland der erste Regen begegnen wird und dieser zum treuen Begleiter bei durchschnittlich 17 Grad wird. Aber- bleiben wir bei der Reihenfolge.

    Wir machen nach ungeheuer langweiliger Autobahnstrecke einen ersten Stopp in Reims. Wir sind schon zum zweiten Mal dort ? Die Kathedrale gehört zu den klassischen französischen gotischen Kathedralen, die kurz nach den Kreuzzügen im 12. Jh erbaut wurden. Wir erleben sie bei diesem Ausflug ganz besonders. Nach dem Abendessen auf dem Vorplatz der Kathedrale werden wir über ein Lichtspektakel auf der Kirchenfront hineingezogen in die Entstehungsgeschichte und die Symbolik des Bauwerks. Die Projektion dauert eine halbe Stunde und wir sitzen da, freuen uns genau dies zu erleben und zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein.

    Hier einige ImpressionenBilder)

    Der morgen rauscht dahin, in Calais gehen wir am Mittag auf die Fähre nach Dover. Eine rasche Überfahrt, bei der wir die nächsten Schritte planen. Die Südküste Englands wollen wir erkunden, z.B. den Ort an dem Lawrence von Arabien? in der südenglischen Grafschaft Dorset mit dem Motorrad zu Tode kam: ?Die Fahrt in die Unsterblichkeit beginnt in Höchstgeschwindigkeit?... Lawrence, der nur 1,65 Meter groß und ein scheuer Mensch war, starb im Mai 1935. Aus diesem Besuch wir nichts, da wir in England keinesfalls nur mit dem Linksverkehr sondern vielmehr mit zeitraubenden Staus auf einspurigen Straßen (und auch auf Autobahnen!) zu tun haben.

    Viele sind unterwegs, eindeutig beeindruckt von dem ewigen ?Slow?, geschrieben auf allen Straßen an nicht nachvollziehbaren Stellen und unbeeindruckt von der Enge der Straßen ? was heißt, dass sich auch Reisebusse hindurch schlängeln und in Kurven auch gerne steckenbleiben, was zum geliebten ?queuing? der Engländer führt.

    Warten bis wieder frei ist, das ist ok, das ist Kult. Wir düsen mit dem Motorrad vorbei und wundern uns, dass die Busse nicht eine Nummer kleiner sind. Wäre einfacher.

    Wir kürzen also ab, da das Ziel ja Schottland und nicht die englischen Staus ist. Dennoch erleben wir noch zwei ganz besondere Highlights in Südengland, die beide einen Besuch wert sind: Wir erleben die Geschichte des Entschlüsselns der deutschen Schlüsselmaschine ENIGMA durch britische Codeknacker im englischen Bletchley Park, die während des Zweiten Weltkriegs stattfand. (WO??)

    Die Familie Sebag-Montefiore war Eigentümerin dieses etwa 70 km nordwestlich von London gelegenen Anwesens, bevor sie es im Jahre 1937 an die britische Regierung verkaufte. Die ENIGMA (griechisch αἴνιγμα ainigma ?Rätsel?) ist eine Rotor-Schlüsselmaschine, die im Zweiten Weltkrieg zur Verschlüsselung des Nachrichtenverkehrs des deutschen Militärs verwendet wurde. Auch andere Dienste, wie Polizei, Geheimdienste, diplomatische Dienste, SD, SS, Reichspost und Reichsbahn, setzten sie zur geheimen Kommunikation ein. Trotz mannigfaltiger Verbesserungen der Verschlüsselungsqualität der Maschine vor und während des Krieges gelang es den Briten mit hohem personellen (9000 Beschäftigte im Bletchle Park) und maschinellen Aufwand, die deutschen Funksprüche nahezu kontinuierlich zu entziffern. Die Beschäftigten waren alle jahrzehntelang zur Geheimhaltung verpflichtet. Schlüsselfigur war Alan Turing, dessen Geschichte im Film ?The Imitation Game? dargestellt wird. Persönlich erleben wir dort im Cafe unser erstes englisches ?Teatime?, Tee mit allerlei süßen Stückchen und kleinen Sandwiches. Wir sind in Großbritannien angekommen.

    Fährt man langsam (Staus s.o.), entdeckt man auch Ziele ?unterwegs?. Die Niederlassung von Rolls Royce gehört dazu. Im Sommer leider für Besichtigungen geschlossen. Ganz besonders ist aber der der Vergnügungspark aus der Jahrhundertwende. Betrieben von alten Dampfmaschinen fahren wir Riesenrad, Karussell auf Pferdchen und ein letztes existierendes ?Russel Dussel?, ein Karussell mit Sitzbänken das sich rasant dreht und in Schräglage geht. Keine Besonderheit nach heutigen Oktoberfest-Ansprüchen, doch wir gehen hinein in die Stimmung von 1910, freuen uns über Musik und Dampf und Originalität. Dampfmaschinen können wir von Nahem inspizieren und wir beschäftigen uns mit der Geschichte England als Industriestandort. Das moderne Zeitalter hat dort begonnen, die Dampfmaschine war Existenzgrundlage für die Entwicklung von industriellen Webmaschinen - und auch der ersten Eisenbahnen. Natürlich drehen wir auch eine Runde mit einer klassischen Dampflock. Hier einige Impressionen: (Bilder)

    Auf der Weiterfahrt versuchen wir noch den Lake Distrikt zu erkunden, aufgrund der verstopften Straßen und der dunklen Wetterlage brechen wir ab und fahren nun schnurstracks auf der Autobahn gen Schottland. Dumfries ist grobes Ziel, wie schon erwähnt trifft uns der erste Regen nach überfahren der schottischen Grenze.

    Wir fahren erst an der Küste und dann im Landesinneren über herrliche kurvenreiche Straßen in herrlicher Landschaft bis an die Küste gegenüber der Insel Arran, die wir am nächsten Tag im Starkregen überqueren um im Fährenhopping auf der Ile of Islay zu landen. Die Fahrt macht so richtig Spaß, es ist viel weniger los und die Kurven sind reines Genießen. Richtig nass werden wir erst in den in 30 Minuten beim Überqueren der Insel Arran, ein solch heftiger Regen wird uns glücklicherweise auf der weiteren Reise nicht mehr begegnen. Aber wir wünschen uns alle wasserfeste Stiefel und Handschuhe?

    Das Appartement auf der Insel hatten wir vorgebucht, nicht aber die Besuchertouren bei Lagavulin und Laphroig, den wichtigsten Whisky Destillerien auf der Insel. Wir besuchen andere, zumindest um zu kosten, und erleben am Hafen eine Sondertour: Gerste wird per Schiff angeliefert und über Tage in das Silo am Hafen gepumpt. Von dort wird es in die Maische Anlage der Insel gehen, von der die verschiedenen Destillerien beliefert werden. 500 Tonnen Gerste werden alle zwei Wochen angeliefert, vor allem aus Nordengland. Whiskey braucht Maische. Dabei geben die Destillerien zur ?allgemeinen? Maische noch eigene Maische aus spezieller Produktion dazu. All das ist Anfang der Vielzahl verschiedener Geschmacksrichtungen, die sich aus Maische, Arte der Trocknung derselben (z.B. mit Torffeuer-Dampf), dem zugesetzten Wasser und schließlich der speziellen Fassgärung ergeben.

    Auf der Insel Islay ist der Torfgeschmack besonderes Merkmal, auch aufgrund des Wassers, das bereits eine bräunliche Färbung und eine ganz besonderen Geschmack hat.

    Wir fahren weiter mit der Fähre nach Oban und nutzen die Zeit, die Übernachtungen auf Schottland vorzuplanen. Spontan ist hier nichts möglich, die Insel Sky z. B. ist ausgebucht und wir können für die ganze Reise entgegen unserer Erwartung nicht auf B& B auf dem Weg bauen. Rund um das Land buchen wir also vor, günstig sind die Hotels nicht. Aber schön - so gleich südlich von Oban. Versetzt in die Zeit der alten Ritter leben wir gegenüber einer der vielen ?Lochs? und genießen Service, schottischen Lachs und schöne Zimmer.

    Am Nachmittag machen wir noch eine Tour das Glen Coe Tal, ein herrlicher Ausflug in die unmittelbare Nähe der Berge der Highlands. Die Berge sind nah und auch düster, das Wetter ist nicht gerade strahlend, der Mord am Mac Donalds Clan 1692 durch die englischen Truppen unter König Wilhelm dem III. ist besonderes Merkmal der Geschichte des Tals. Schotten gegen Briten ? Briten gegen Schotten. Diese Geschichte ist allgegenwärtig und stellt das gerade stattgefundene Referendum der Schotten zur Unabhängigkeit von Großbritannien in ein besonderes historisches Licht. Endlich Frieden??

    Uns beschäftigt ganz banal ein gewisser Zeitdruck, mit dem wir in drei Stunden 250 Kilometer auf zum Teil engsten Schotterstraßen bewältigen und dennoch die Landschaft genießen. Ein tolles Erlebnis. Schottland hautnah.

    Wir fahren an der Westküste nach Norden, schön ist die Küste, abwechslungsreich und einsam. Harry Potter ist allgegenwärtig in Schottland, hier durch die Zugstrecke des Jacobine Steam Trail, die bis Edinburgh führt. Eine Vielzahl größerer und kleinerer Eisenbahnviadukte säumt die Strecke von Fort Williams bis zur Brücke zur Insel Sky, sie wurde im Film als Bahn zur Zauberschule (??) von Harry Potter Gegenstand der dortigen Landschaft. Herrliche Strandbuchten säumen den Weg.

    Wir machen Pause an den Neptunes Staircase. Der Kanal Caledonian Canal, der quer durch Schottland führt hat eine Vielzahl von Schleusen (auf 1,5 km Länge werden Schiffe über acht Staustufen über 20 m angehoben), allerdings sind zu diesem Zeitpunkt und an diesem Ort wenig Schiffe, die diese nutzen. Wir haben den Eindruck dass der Schiffsverkehr nicht mehr die Rolle spielt, die er einmal hatte. Transporte werden zunehmend über die Straße abgewickelt, der Ort hat eine primär touristische Ausstrahlung. Wir nehmen also einen entsprechenden Tee mit Teetime ? Kuchen ein. Trotzdem nett!

    Die Fahrt ist noch lang bis zum nächsten Hotel bei Applecross, doch erlebnisreich. Das Schloss des Highlanders und zuvor sein Geburtsort (???) sind Anlass zur Rast, der Regen der immer wieder fällt trübt die Stimmung wenig. Er gehört schon fast dazu - Licht und Schatten Schottlands glänzen zwar besonders bei Sonne, doch die Landschaft hat auch bei Regen besonderen Reiz. Strände sind schön anzusehen ? Zum Schwimmen aber ist es sowieso zu kalt und die Menge an Quallen, die bei einer Strandwanderung zu sehen sind, lädt sowieso nicht zur weiteren Begegnung mit dem Wasser ein. Also genießen wir das Fahren in Wind, Regen und schöner Aussicht.

    Ein notwendiges Bremsmanöver bei einem angebrochenen Überholvorgang führt dazu, dass mein Hinterreifen seine Widerstandskraft gegen den kontinuierlichen Abrieb (wir sind schon 3000 km gefahren) aufgibt, ohne dass dies sofort erkennbar wird. Ein leichtes Schlingern begleitet mich aber von nun an bis Edinburgh.

    Die nächste Etappe bis zur Nordküste wird ganz besonders ? karg, einsam. Wir bremsen schon kaum mehr wenn wir durch Schafsherden fahren, Schafe und Kühe sind unsere einzigen Begegnungen und sie reagieren mit verhaltener Flucht. Gegenverkehr lässt sich auf den engen Straßen über gut ausgebaute Ausweichbuchten managen. Das Wetter wird freundlich und wir erleben die Nachmittags- und Abendstimmung an Meer und Fjorden entlang mit besonderer Intensität.

    Die Einsamkeit hat die Landschaft im Griff, Seen und Fjorde scheinen anderen Welten anzugehören. Inseln und Leuchttürme gehören zu einer Szenerie, die für uns keine Realität hat. Wenige Fischerhäfen zeigen, dass hier Austausch mit der täglichen Welt stattfindet. Beim Fahren kehrt bei mir absolute Ruhe ein.

    Wir übernachten in der Nähe des nördlichsten Punktes von Großbritannien und werden am Morgen von einem schottischen Phänomen überrascht: kleine, nervige, ätzende, beißende Fliegen. Sie kommen an manchen Orten bei Regen aus ihrem Versteck und stürzen in Schwärmen auf Menschen los, kriechen in Helme und Hemden. Wir ziehen unsere Motorradutensilien im Kreis rennend an und fahren los. Ich habe noch Tage mit den Stichen zu kämpfen. Der Spaziergang mit Ausblick über Inland und Küste hatte den Tag dennoch gut beginnen lassen. Wir können uns lebhaft vorstellen, dass in der verlassenen Hügellandschaft und vor der - am Abend - unheimlichen Küste so allerlei schottische Kobolde unterwegs sind.

    Im Dauerregen geht es weiter, zu den beiden nördlichsten Punkten von Schottland ? und Großbritanniens (Namen??). An der Küste entlang fahren wir nach Inverness, um von dort aus Loch Ness zu besuchen. Eine Bootsfahrt lohnt sich - fern von charmanten Andenkenläden mit allerlei Figuren von Nessie lässt sich neben der sagenumwobenen Geschichten auch die wirklich herrliche Landschaft am Loch Ness genießen.

    Auf der Fahrt nach Loch Ness liegt das Boleskin Haus, das einst dem Okkultistischen Meister Crowley gehörte, u.a. Miterfinder der Tarrot-Karten. Gegenüber dem Haus, das sich in Privatbesitz befindet, besichtigen wir den Friedhof, auf dem von Freimaurer Gräbern bis hin zu allen möglichen schottischen Familiengräbern, vor allem unter dem Namen ?Freiser?, schottische Grabmalkultur zu besichtigen ist. Dicke schwarze Fliegen nehmen uns die Lust am Aufenthalt und wir setzten uns gerne wieder auf die Motorräder und brummen aus eigener Kraft.

    Liebliche Gegend führt uns ins Landesinnere, im Winter Ski-Eldorado. Das Gebiet Cairgorns ist zwar nicht so spektakulär wie erwartet-es sollen dort die höchsten Berge Schottlands sein. Dennoch, die Landschaft ist charmant, wir fahren kleine Straßen und auf der ?Scottish Malt Whiskey Route? und besichtigen endlich eine Destillery, GlenGrant.

    Die Destillery arbeitet ohne Torf und produziert klaren, recht scharfen Whiskey. Die Maische wird eingekauft, dann mit Wasser stufenweise erhitzt so dass sich die Zucker lösen, dann rapide abgekühlt und mit Hefe versetzt. Soweit hat man ein Gebräu das Bier ähnelt (es fehlt nur der Hopfen), das dann, 2-fach destilliert wird und schließlich in verschiedenen Fässern (Eiche aus Europa und Eiche aus USA) gelagert wird. Das Gemisch macht`s ? ?blended? wäre ein Whiskey nur dann, wenn er aus unterschiedlichen Destillerien kommt. Hier aber wird der berühmte schottische ?Pur Malt? produziert. In diesem Fall aber hat die Nähe zum größten Absatzmarkt, Italien, auch zur Übernahme durch eine italienischen Investor geführt.

    Der nächste Halt ist schon Edinburgh, unsere letzte Station in Schottland. Wir tauschen vor allem beim Harley Händler meinen komplett abgefahrenen Hinterreifen (Bild?.) und besichtigen in der Zeit die Roselin Chapell, nur wenige Kilometer von Edinburgh entfernt. Der Besuch lohnt sich. Wir sind beeindruckt vor der Macht des Bauwerks, das so kompakt erbaut ist, dass es offensichtlich nicht (nur) den Schmuck der Kapelle (der laut Sage die Verbindung zwischen dem Orden der Tempelritter und den heutigen Freimaurern widerspiegelt) schützt, sondern auch die darunter liegende Krypta, die für Besucher nicht zugänglich ist.

    Ein Besuch wert ist ohne Frage auch die Altstadt von Edinburgh, die im August brummt wegen des jährlichen Musik Festivals und der vielen Gäste. Die Burg von Edinburgh ist per se eine Schönheit, ein traditionsreicher Bau, der u.a. das älteste Bauwerk von Edinburgh beherbergt, die St. Margrets Chapel, die um das Jahr 1130 erbaut wurde und herrliche Fenster hat, die die schottische Geschichte widerspiegeln. Die Festhallen der Burg werden noch heute für repräsentative Anlässe des Könighauses genutzt. Eine kurze Einführung zur Besichtigung ist ca. jede halbe Stunde und ohne Anmeldung möglich.(Bilder)

    Die Küstenstraße nach Newcastle ist belebter als wir es gerne hätten. Wir fahren daher gemütlich über kleine Straßen im Landesinneren Richtung Newscastle, wo uns die Fähre für die Rückkehr nach Zentraleuropa (Amsterdam) erwartet.

    Es regnet nicht und wir genießen den letzten Tag in vollen Zügen. Ein traditionelles kleines Cafe auf der Strecke lässt uns ein letztes Mal schottische Kuchenkultur genießen. Und wie!

    Ergo: Schottland ist ein Genuss, wann immer es nicht regnet oder wenn man sich von Regen nicht stören lässt. Die Landschaft ist wunderbar, von ruhig bis unbändig und unheimlich. Außer im Norden wo es nur wenig Straßen gibt, hat es Straßenvarianten, große und nette kleine Straßen mit meist vielen Kurven, meist einspurig mit Ausweichstellen. Es lohnt sich, das Land mit dem Motorrad zu befahren, aber die Ausrüstung für Regenwetter ist unerlässlich.

    In der Hauptreisezeit ist das Vorbuchen von Hotels notwendig. Der Anfahrtsweg über England ist spannend, auf der Rückfahrt aber gerne und gut zu vermeiden. Plant so, dass ihr Schottland einmal erlebt. Das Wetterrisiko reizt nicht wirklich, eine zweite Fahrt zu planen.
    Zuletzt geändert von peter; 31.01.2021, 05:16.
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