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    Harley Elektro Motorrad, Livewire, Zero, Mugen Shinden

    Ich erinnere mich noch deutlich daran, wann ich zum ersten Mal vom Harley-Elektromotorrad gelesen habe. Ich sass 2014 in Saint Marie de la Mer (Camargue, Frankreich) in einer Bar am Strand und habe meine Emails auf dem Handy abgerufen. Und da war die Meldung.

    Ein Elektrobike von Harley? Was soll das? Das Ende des Abendlandes? Der Vorbote des Totalverbotes für Verbrennungsmotoren?

    Nunja, ganz so schlimm ist es (bisher) doch nicht geworden. Und mittlerweile hat sich meine Frau einen Tesla mit 400PS gekauft. Das hat meine Weltsicht auf Elektrofahrzeuge grundsätzlich geändert. Ein geniales Fahrzeug. Anzug von ganz unten heraus, leise, kraftvoll, komfortabel. Autofahren Version 2.0.

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    Dementsprechend bin ich mittlerweile sehr daran interessiert, wie man den Elektroantrieb beim Motorrad implementieren kann. Ich war im selben Jahr auf der Route 66 Tour und hatte die Hoffnung, das Harley E-Bike (genannt Project Livewire) wenigstens im Harley Museum in Milwaukee zu sehen. Leider Fehlanzeige, die Bikes waren schon auf der Promotion Tour durch die USA. Aber ich konnte wenigstens mit ein paar Harley Angestellten reden, die das Bike bereits gefahren sind. Alle haben sich enthusiastisch geäussert.

    Um so mehr hat es mich gefreut, dass ich eingeladen wurde, das Harley E-Bike am 16.Juli 2015 auf dem Hockenheim Ring zu fahren. Harley hat den Promotion Truck nach Europa verschifft und gibt in den folgenden Monaten Journalisten die Gelegenheit, in ihren jeweiligen Ländern Probezufahren. Und natürlich darüber zu schreiben. Was ich hiermit gerne tue.

    Die Technik

    Das Lifewire Bike ist eine völlige Neukonstruktion. Es sieht wie eine moderne Version einer Buel aus. Die allermeisten Teile stammen nicht aus dem Harley Standardsortiment, sondern wurden für dieses Bike neu designed. Die Rückspiegel zum Beispiel sind sehr schön gefertigt, aber völlig unwirksam angebracht. Function follows Design.

    Es gibt auch keine klassischen Instrumente mehr, sondern nur noch einen zentralen Touchscreen, auf dem neben den Motordaten auch die Geschwindigkeit und die Temperatur der einzelnen Komponenten angezeigt wird.
    Project LiveWire? | Harley-Davidson® Duetschland

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    Das Bike hat ein Drehmoment von 70 Nm ab Stillstand (Ich glaube, es sind deutlich mehr Nm, ich schätze mal mindestens 110Nm) und eine Leistung von 57kW bei 8500 Umdrehungen. Von 0-100km/h in 4 Sekunden. Über den eingebauten Akku wollte man sich nicht äussern, aus den Ladedaten ergibt sich, das es wahrscheinlich ein 10 kWh Lithium Akku ist. Der wird mit dem 3kW Lader in 3,5 Stunden voll aufgeladen (genauer: 8 Ampere bei 380 Volt). Diese Ladung reicht für rund 80km Fahrt im "Normalmodus" und 38km im "Racemodus". Wird der Akku statt auf akkuschonende 80% auf 100% geladen, erhöht sich die Reichweite um 20%. Das Leergewicht liegt bei 210kg, denn diese Akkus sind schwer. Zur Stromversorgung von Licht, Blinker und Touchscreen ist zusätzlich eine kleine 12V 9Ah AGM Batterie eingebaut.

    Der Antrieb erfolgt über einen Asynchron Motor, der von einem Frequenzumrichter angesteuert wird. Dieser steuert die Drehzahl und die Leistungsausbeute des Motors. Da beide Teile recht warm werden können, werden sie extra gekühlt. Der Motor durch einen Ölkühler, der unter dem Motor kurz vor dem Hinterrad verbaut ist. Der Frequenzumrichter (von Harley ECU genannt) hat eine Wasserkühlung, die vorne in der Verkleidung eingebaut ist. Beide Kühler haben nur eine relativ geringe Kühlmittelmenge (jeweils rund 1 Liter). Das beschränkt die maximale Kühlleistung und kann leicht zu Überhitzung der Komponenten führen (später mehr).

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    (Wasserkühler und Ölkühler)


    Das Fahrgeräusch

    Der Motor und die ECU sind unten in einem silbern glänzenden Verkleidungsteil aus Alu montiert. Darüber liegt der Akkupack.

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    Der Elektromotor ist längs eingebaut. Um das Hinterrad anzutreiben, muss der Kraftfluss um 90° gedreht werden. Das geschieht mit einem Kegelradgetriebe. Die Zahnflanken eines solchen Getriebes müssen sehr präzise ausgerichtet sein, sonst heult dieses Getriebe.

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    Quelle: Wikipedia

    Das Harley Getriebe ist aber nicht ausgerichtet. Es heult wie der Teufel. Das ergibt den "Düsenjäger"-Sound beim Fahren. Wahrscheinlich wurden die ersten Prototypen mit einem schlampig fabrizierten Getriebe gebaut und ein schlauer Techniker kam auf die Idee, dass sich dieser Sound doch ganz Geil anhört. Warum soll man also neue, leise Getriebe bauen? Its not a Fault, its a Feature. Ein Leitspruch, der bei Harley leider zu oft Verwendung findet.

    Seitdem wird der Mythos genährt, dass der Sound des Harley LiveWire Bikes ein spezielles Design ist, an dem die Techniker lange geforscht und entwickelt haben. LOL. Jeder Maschinenbaustudent würde für so ein Getriebe mit Schimpf und Schande vom Campus geprügelt werden.



    Zudem wird das Geräusch lästig. Am Anfang wirkt es cool, aber ich möchte es nicht den ganzen Tag lang ertragen müssen. Zumal während der Fahrt die Lautstärke variiert. Je nach Drehzahl gibt es Resonanzen. Halt wie bei jedem anderen kaputten Getriebe auch.

    Vom Kegelteller des Getriebes, das nun Parallel zum Hinterrad liegt, wird die Drehung über einen Primärriemen untersetzt. Am Ende der Schwinge ist ein zweites Riemenrad, das dann über einen Sekundärbelt das Rad antreibt.


    Das Event

    Vom 16.-19.Juli fand das Event auf dem Hockenheimring statt. Jeweils vormittags und Nachmittags wird eine Gruppe von 10 Journalisten eingeladen. Zuerst gab es eine Einführung im Zelt. Es wurde etwas über die Entwicklung des E-Bikes und der Technik erzählt.

    Es wird schnell klar, dass dieses E-Bike so nie in den Handel kommen wird. Sondern es existiert nur als Prototyp, mit dem einerseits Erfahrungen gesammelt werden und andererseits die Factory testen kann, wie ein Systemumstieg bei den Kunden ankommt. Offensichtlich ganz gut, wie die untere Graphik zeigt. Das bestätigt die Weisheit eines alten vulkanischen Sprichworts: "Nur Nixon konnte nach China gehen" (Botschafter Spock).

    Die Produktion eines E-Bikes ist bei Harley ab 2020 angedacht. Andere machen das aber jetzt schon. Siehe den Bericht über das Zero Bike weiter unten.

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    Nach dem Vortrag und einer Video-Einweisung darf die erste Gruppe fahren. Es sind 10 E-Bikes auf dem Platz. Jeweils 5 werden nachgeladen, währen die anderen 5 Bikes fahren. Ich war in der zweiten Gruppe. Deshalb habe ich die Zeit genutzt, mir das Bike von genauer anzusehen und den technischen Sachverständigen zu löchern.

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    Der Touchscreen

    Eines der Bikes war auf einem Rollenprüfstand aufgebaut. So dass man das Erlebniss der heulenden Maschine auch dann geniessen konnte, wenn man keinen Führerschein hat.

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    Ich habe die Gelegenheit genutzt, um ein wenig im Betriebssystem des Bikes herumzustöbern. Es gibt nur einen zentralen Touchscreen, mit dem alles gesteuert wird. Zudem kann es auch (zumindest in den USA) als GPS Gerät verwendet werden.

    Der erste Screen zeigt den Systemstatus an. Batteriespannung (300V), Batterie Temperatur (38°C), ECU Temperatur (54°C) und die Zeit die man braucht, um die Battery wieder vollzuladen (bei voller Batterie natürlich 0min). Die Batterie wird wie bei anderen Elektrofahrzeugen auch üblich, nur zu 80% aufgeladen, um die Lebensdauer zu erhöhen.

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    Interessanter sind die beiden unteren Buttons. Dort kann man wählen, ob man Strecke machen will (Range Ride). Dann reicht die Ladung für 79km. Oder ob man den Power Modus will, dann reicht die Ladung nur für 39km.

    Die Armaturen rechts und links sind die einzigen Teile aus dem Harley-Standardsortiment. Schaltet man also rechts den Zündschalter ein, dann erscheint ein Screen mit der maximalen Geschwindigkeit, auf die das Bike eingestellt ist. Hier 179km/h. Dazu der Ladezustand der Batterie, die Himmelsrichtung (N), die Restreichweite (80km) und die Wassertemperatur-Warnung (jetzt nicht leuchtend). Drückt man dann die Starter-Taste länger als 2 Sekunden, wechselt die Anzeige zur Geschwindigkeitsanzeige um. Dann dreht man einfach am Gasgriff und die Maschine fährt los.

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    Hier noch ein paar Bilder vom Setup-Menü. Viel war da nicht einzustellen.

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    Der Fahrtest

    Als die erste Gruppe zurück war, konnten wir die bereitstehenden, frisch aufgeladenen Bikes besteigen. Ich habe natürlich auf Race-Modus geschaltet. Blümchenpflücken kann ich auch zu Hause. Ein Guide fuhr voraus, einer hinter der Gruppe.

    Die Beschleunigung ist nett, wiewohl ich diese bereits vom Tesla gewohnt bin. Die Bremsen waren griffig, aber ohne ABS. Wenn man das Gas zurücknimmt, wird die Drehenergie der Räder wieder in Strom zurückgewandelt und der Batterie zugeführt. Dieser Vorgang heisst Rekuperation. Es wirkt wie eine Motorbremse. Je nachdem wie stark dieser Effekt eingestellt ist, kann man sich das Bremsen fast ganz sparen.

    Das Bike hat ein Fahrwerk wie jeder moderne Reiskocher, also gut. Die Sitzposition war entspannt. Links fehlt natürlich der Schalthebel. Das merkt man immer dann, wenn man unwillkürlich schalten will und der Fuss ins Leere fällt.

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    Der Bluescreen

    Ich habe nach jeder Kurve immer schön hochbeschleunigt. Das macht viel Spass. Dann kam das was ich schon von der Zero kannte (siehe unten). Der Motor überhitzte und das System schaltete sich ab. Der Antrieb fiel komplett aus und ich musste ausrollen.

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    Links unten sieht man auf dem Bildschirm das Warndreieck mit dem Ausrufezeichen. Heist wohl Notabschaltung. Rechts leuchtet die Anzeige der Wassertemperatur. Aber nicht genug des Bösen. Als ich versuchte das Bike neu zu starten, bekam ich den Harley Bluescreen of Death, hier als weisser Bildschirm (sonst wärs ja von Microsoft und damit eine Copyright-Verletzung).

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    Das System war komplett abgestürzt. Der inzwischen eingetroffene Mitarbeiter von Harley wusste sich auch nicht zu helfen und wollte das Bike abschleppen lassen. Dann aber, nach einigen Versuchen, konnte ich das Bike wieder zum Leben erwecken und weiterfahren.

    Wir fuhren also zum Sammelplatz, wo noch ein paar Photos gemacht werden sollte. Ich fahre also ein Paar Runden an den Photographen vorbei und was ist: Das Bike steigt wieder aus. Wieder Motorabschaltung, wieder Warndreieck.

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    Ich habs dann abkühlen lassen und bin nach (erfolgreichem) Neustart langsam zum Harley Zeltlager zurückgefahren. Dann wurde das Bike sofort in den Hänger geschoben.

    Ich weiss nicht, ob ich der erste war, der das geschafft hat. Ich glaube aber nicht. Ich weiss von Tesla und anderen Elektrofahrzeugen, dass die Spitzenleitung und die Dauerleistung eines Elektroantriebes zwei völlig verschiedene paar Schuhe sind. So ist der Tesla mit 400PS angegeben, aber im Fahrzeugschein steht eine Dauerleistung von rund 100PS. Also Faktor 4.

    Beim Auto macht das nix. Denn wer macht schon 10 Mal hintereinander Sprints von 0-100km/h? Dann schaltet auch der Tesla runter. Aber im normalen Fahrbetrieb hat die Antriebseinheit immer genug Zeit, sich wieder abzukühlen. Es reicht jederzeit, um einen Porsche 911 abzuhängen oder auf der Landstrasse leichtfüssig Autos und Traktoren zu überholen. Bei konstanter Dauergeschwindigkeit (Autobahn) gibt es gar keine Probleme.

    Bei einem Motorrad ist das alles ganz anders. Da beschleunigt man sehr wohl volle Pulle nach jeder Kurve. Ich hatte den Race Modus angeschaltet und jedesmal richtig Gas gegeben. Und ich bin relativ schwer. Der Elektromotor hat wahrscheinlich nur eine Dauerleistung von 15kW. Der Motor wird beim Beschleunigen voll ausgereizt, also kurzfristig mit den vollen 57kW (oder mehr) betrieben. Also dem 4-fachen des Nominalwertes. Deshalb wird er warm. Die unterdimensionierte Wasserkühlung kann die spontan auftretende Wärme nach einigen Minuten nicht mehr runterkühlen, das System überhitzt und schaltet sich sicherheitshalber komplett ab.

    So einen ähnlichen Effekt habe ich auch schon bei einem anderen Elektro-Bike gesehen, der Zero SR. Aus denselben Gründen.

    Zero SR

    Um mich auf die Fahrt mit dem Harley E-Bike vorzubereiten, habe ich eine Woche vorher eine Testfahrt mit dem ZERO E-Bike gemacht. Es wird vom kalifornischen Hersteller Zero gefertigt und ist für rund 18000,- Euros erhältlich. Obwohl es in Details einfacher als die Harley gefertigt ist, ist die Ähnlichkeit der beiden Maschinen unverkennbar.
    Elektromotorräder der 2015er Modellpalette || ZERO MOTORCYCLES

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    Die Daten der Zero SR: 40kW Leistung bei 4300 rpm, 92Nm ab Stand, Höchstgeschwindigkeit 153 km/h, Reichweite rund 120km mit einem 9,4kW Akku. Es ist ein 1,3kW Lader eingebaut. Die Ladezeit damit beträgt also rund 8 Stunden.

    Es ist kein Touchscreen verbaut, dafür kann man das Bike per Bluetooth mit dem Handy verbinden und dort Parameter wie die Rekuperation (Aufladen beim Bremsen) und andere Parameter bequem seinen eigenen Bedürfnissen anpassen.

    Auch dieses Bike hat einen Normal und einen Race Modus, die sich über einen Mode-Taster an der rechten Armatur umstellen lassen. Als drittes kann man einen selber designten Modus zuschalten. Ich bin natürlich im Race Modus gefahren.

    Dieses Bike fährt ziemlich ähnlich wie die Harley. Nur ist es leise und lautlos. Also kein heulendes Getriebe. Es wirkt etwas kleiner und gedrungener. Bei mir hat es auch wegen Überhitzung des Motors nach wenigen Minuten in einen Stromsparmodus umgeschaltet. Aber wenigstens ist es nicht ausgegangen. In diesem Stromsparmodus fährt sich die Maschine wie eine kleine 250er. Und bei 120km/h ist Schluss.

    Die Beschleunigung war (in den ersten Minuten) nicht ganz so gut wie bei der Harley. Deshalb nehme ich auch an, dass das echte Drehmoment bei der Harley deutlich höher liegt als die angegebenne 70Nm. Aber auch die Zero macht viel Spass auf der Landstrasse. Aus dem Gespräch mit dem Zero Promoter konnte ich erfahren, dass das Thema Schnelladung bei den Zero Besitzern oberste Priorität hat.


    Das Aufladen

    Bei jedem Elektrofahrzeug ist das Aufladen der kritischste Punkt. Wenn man nur die Haushaltssteckdose hat, kann man 16A bei 220V laden. Das sind 3,5 kW. Um den Harley Akku von (angenommenen) 10 kWh zu laden, braucht man also rund 3 Stunden. Für die Praxis eine unangemessen lange Zeit. Auch für die Zero gibt es einen (externen) Schnellader mit 3kW, mit dem auch dieses Bike ebenfalls in rund 3 Stunden aufgeladen werden kann.

    Die Harley wird von einem ganz grossen Ladegerät aufgeladen, das 6 Bikes gleichzeitig mit jeweils 3kW versorgt. Der passt in eine grosse Bühnen-Kiste. Angeschlossen wird die Kiste an 22kW Drehstrom. Der Anschlusstecker am Bike ist ein Harley Eigenbau.

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    Warum kann man so ein Bike nicht direkt mit 22kW aufladen? Dann wäre man in einer halben Stunde fertig. Oder mit 50kW? Im Prinzip geht das.

    Dazu muss man nur einen entsprechenden Gleichrichter haben, denn die Wechselspannung muss in Gleichspannung gewandelt werden. Bei einem Handy wird das durch das Steckernetzteil erledigt. Bei 11kW hat dieses Netzteil schon die Grösse eines Autositzes und wiegt rund 40kg. Beim Tesla ist jeweils einer dieser Gleichrichter unter dem Fahrer und dem Beifahrersitz verbaut. Im Auto sind 80kg Mehrgewicht und der Platzverbrauch vielleicht noch erträglich, beim Motorrad dagegen völlig indiskutabel.

    Deshalb gibt es echte Schnelladestationen. Dort werden die Elektrofahrzeuge direkt mit Gleichstrom betankt. Der Tesla Supercharger ist so ein Beispiel. Dort wird mit maximal 180kW Gleichstrom getankt. Damit kann man die 85kWh Akkus in rund einer halben Stunde halbvoll machen. Wenn man mehr tankt, sinkt die übertragene Leistung und man lädt nur noch mit 50kW.

    Es wäre also wichtig, dass E-Bikes mit einer Schnelladefähigkeit ausgerüstet werden, um an den modernen Schnelladestationen tanken zu können. Technisch ist das kein Problem, sie müssten nur eine intelligente Steuerelektronik einbauen welche der Schnelladestation anzeigt, wieviel Strom sie gerade abzunehmen bereit sind.

    Auch für andere Elektromobile ist Schnelladung ein Muss. Denn es macht eigentlich keinen Sinn 80-100kg für einen Gleichrichter mit sich herumschleppen zu müssen. Das verbraucht unnötig Energie, die man lieber in Vortrieb investieren will. Am dümmsten ist es, wenn man Elektroautos teuer aus Carbon baut, um 30kg zu sparen und dann 80kg Gleichrichter einbaut.


    Die Honda/Mugen Shinden


    Gerade bei einem Motorrad ist es aus oben beschriebenen Gründen nicht hinzunehmen, dass der eingebaute Motor unterdimensioniert ist, und dadurch bei scharfer Fahrt überhitzt. Das es auch anders geht zeigt das Bike von Mugen. Es wird in Kooperation mit Honda gefertigt.
    News - MUGEN

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    Die Daten der Mugen Shinden: 110kW Leistung, 220Nm Drehmoment. Batterieleistung unbekannt.

    Diese Bikes sind dadurch bekannt geworden, dass sie bei der Isle of Man Trophy in der Zero Klasse fahren. Dabei erreichte dieses Bike eine durchschnittliche Rundengeschwindigkeit auf dem 37,7 Meilen (60km) langen Kurs von 188km/h. Das war 2014. In diesem Jahr soll ein nochmals stärkeres Bike an den Start gehen. Man kann hochrechnen, dass die E-Bikes in wenigen Jahren schneller als die Verbrennerkonkurrenz sein werden. Denn technisch ist es kein wirkliches Problem, auch einen kleinen Elektromotor kurzfristig mit 300kW und mehr laufen zu lassen. Und mit besseren Batterien kann man diese Leistung auch füttern.

    Hier ein Video:




    Fazit

    Ein Elektro-Bike macht Spass. Es ist Leise (wenn man nicht gerade ein heulendes Getriebe hat) und hat Drehmoment von unten heraus. Es ist leicht zu fahren und macht gerade in Kurven viel Freude. Wenn man standfeste Motoren und Schnelladefähigkeit hat, dann wird es Alltagstauglich. Auch für die Langstrecke.

    Die Problematik der Reichweite sehe ich eher entspannt. Alle 2 Jahre verdoppelt sich die die Batteriekapazität pro 100 Euro Batteriekosten. Und die Zellen werden gleichzeitig kleiner und leichter. Eine 30 kWh Batterie würde bei einem Motorrad für rund 300-400km Reichweite sorgen. Das ist genug, besonders wenn man Schnellader nutzen kann. Das wird in 5 Jahren so weit sein, was mit den Plänen von Harley, ab 2020 Elektrobikes anzubieten, perfekt korreliert.

    Zum Schluss noch ein nettes Video von Jay Leno´s Garage:




    © 2015, Peter Viczena
    Zuletzt geändert von peter; 19.07.2015, 18:31.
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