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Harley Fahrwerk 2a, Funktion eines Dämpfers

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  • Fahrwerk : Harley Fahrwerk 2a, Funktion eines Dämpfers

    Hier noch ein guter Beitrag von Nutzer fishermans-end, den ich mit seiner freundlichen Genehmigung aus folgendem Thread entnommen habe. Darin beschreibt er anschaulich, wie ein Dämpfer funktioniert:
    Milwaukee V-Twin Forum - Community & Infos über Harley-Davidson - Forty Eight-Gabel schlägt durch

    Da hier anscheinend nicht jedem Ganz klar ist, wie ein Dämpfer arbeitet hier mal ein bissle Grundlagen zum Verständnis...

    Wenn ein Moped einfedert, wird der Stoßdämpfer zusammengedrückt. Der Stossdämpfer besteht (im wesentlichen) aus zwei Komponenten. Dämpfer und Feder. Die einzelnen Komponenten haben folgende Aufgaben

    Dämpferöl:

    Das Öl dämpft die Bewegung, also das Zusammendrücken. Um so schneller der Dämpfer zusammengedrückt wird, umso stärker bremst das Öl die Bewegung. Das Öl bremst, damit es nicht zu einem Jo-Jo Effekt (Schwingung: einfedern-ausfedern-einfedern ausfedern... ->Wackeldackel) kommt.

    Ventil:

    In dem Dämpfer wird ein Kolben auf und ab bewegt (durch die Kolbenstange, die glänzende Stange, die ihr bei manchen Stossdämpfern durch die Feder sehen könnt). Am Ende von dieser Kolbenstange ist ein Zylinder und der hat Löcher. Wenn der Kolben sich nun bewegt, wird das Öl durch die Löcher im Zylinder gepresst.

    Je geringer die Viskosität (flüssiger, "weicher", 5-er Dämpfer Öl, Wasser) des Öls ist, um so weniger Widerstand erzeugt es. Dann bremst der Kolben schwächer.

    Wenn das Öl hingegen Hochviskos ist (Zäh, "härter", 15-er Dämpferöl, Honig), dann erzeugt es mehr Widerstand. Der Kolben bremst stärker.

    Bei sehr hochwertigen Dämpfern sind statt einfacher Löcher richtige Ventile als Zug/Druckstufe verbaut, so dass das Öl beim Zusammendrücken durch die Drucköffnungen fliesst, beim Herausfedern aber duch die Zugöffnungen. Beide Öffnungen können verschieden gross sein. Manchmal sind die Öffnungen von Aussen einstellbar. Dann redet man von einstellbarer Zug/Druckstufe.

    Eine Sonderform ist das IAS Ventil (Patent Ricor), bei dem die Druck/Zugstufe durch die Masseträgheit des Ventilkörpers gesteuert wird. Wenn man bremst, bleibt der Dämpfer hart, wenn man in ein Schlagloch fährt, wird er butterweich:


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Name: dämpfer offen.jpg
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ID: 3600 Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: DaempferM04.jpg
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ID: 3602


    Feder:

    Die Feder drückt das Motorrad "hoch". Also Starke Feder=hochgebockt, Schwache Feder=Tiefer gelegt. Um so mehr die Feder belastet ist, um so mehr Kraft übt sie aus (Solo/Sozius Betrieb bzw. Leichter/Schwerer Fahrer).

    Die Feder erzeugt pro Länge, die sie zusammengedrückt wird, eine bestimmte Kraft.

    Also Federkraft=Federweg*Federkonstante.

    Die Federkonstante beschreibt die Kennlinie der Feder. Ist die Feder gleichmässig gewickelt, dann ist die Federkonstante immer gleich. Bei progressiven Federn ist die Feder unten dichter gewickelt wie oben. Das ergibt eine ganz andere Verteilung der Federkraft. Die Federkonstante ist dann nicht mehr "konstant", sondern gleichfalls vom Federweg abhängig.

    Federkennlinie:

    Eine Feder kann 3 Kennlinien haben.

    Linear: Eine Feder wird 1cm zusammengedrückt und erzeugt eine Gegenkraft von 1kg. Wird die
    Feder jetzt 2cm zusammengedrückt, drückt sie mit 2Kg dagegen.
    Die Federkennline ist also Kraft/Strecke

    Progressiv: Die Feder wird 1cm zusammengedrückt und erzeugt 1Kg Gegenkraft.
    Wird die gleiche Feder jetzt 2cm zusammengedrückt, erzeugt sie schon 4Kg Gegenkraft!
    Wird die Feder jetzt 3cm zusammengedrückt, so kommen 9Kg Gegenkraft raus!
    Hier gilt: Federkennline=(Kraft/Strecke)2.



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Name: progressive.jpg
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Name: federkennlinie2.jpg
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ID: 3601
    (Bild B. Duerr)

    Dann gibt es noch Degressive Federn, die sind in Puncto Fahrwerk aber uninteressant.


    Zusammenfassung:

    Das Öl ist verantwortlich für die Verarbeitung von kurzen Schläge (Randstein, Kanaldeckel, Schlagloch):

    Hartes Öl: das Motorrad federt "sportlich", "Hart", "Trocken" ein
    Weiches Öl: das Motorrad federt "comfortabel", "Weich", "Schwammig" ein

    Die Feder ist verantwortlich für die Absolute Masse, die das Motorrad wiegt (ein Leichter Fahrer oder zwei schwere):

    Harte Feder: Motorrad ist Höhergelegt
    Weiche Feder: Motorrad "sinkt" mehr in die Federn ein -> liegt tiefer.
    Das ist vergleichbar mit ner weichen und ner harten Matratze.


    Durchschlagende Dämpfer:

    Woran liegt es, wenn ein Stossdämpfer durchschlägt, also "auf Block" geht? Das kann zum Beispiel an einer viel zu weichen Feder liegen. Die Kraft der Feder ist nicht gross genug, das Gewicht hoch zu drücken, der Dämpfer federt so weit wie er kann ein. Das Lässt sich mit einer Stärkeren bzw. Progressiven Feder korrigieren. Eine zu harte Feder führt allerdings dazu, dass der Fahrkomfort nachlässt und die Karosserie springt. Ist die Feder viel zu hart (zum Beispiel bei 11" Dämpfern), dann hat man quasi einen Starrahmen mit den bekannten Nachteilen gebastelt (s.u.).

    Deshalb führt der erfolgreichere Weg über die Änderung der Druckstufe des Dämpfers. Dadurch wird die Feder daran gehindert, sich bei einem Schlagloch zu schnell zusammenzudrücken und zusammenzuknallen. Diese Änderung erreicht man entweder durch dickeres Stossdämpferöl, was aber gleichzeitig auch die Zugstufe ungünstig verändert.

    Oder indem man eine intelligente Lösung a la Ricor Intiminator einsetzt. Oft ergibt auch erst die Kombination von Progressiver Feder und geändertem Dämpfer ein befriedigendes Ergebniss:



    Dämpferhärte:

    Wenn einem das Motorrad im Allgemeinen zu "weich" oder zu "hart" federt, dann muss man generell an der Dämpfung etwas ändern. Entweder kann man die Zug/Druckstufe verändern (wenn möglich) oder die Viskosität des Öls verändern (also anderes Öl rein). ACHTUNG: die Viskosität des Dämpferöles ist abhängig von seiner Temperatur. Auch Dämpfer Öl arbeitete erst nach ein paar Kilometern, wenn es sich durch die Reibung im Dämpfer erwärmt hat, so wie es soll. Ähnlich wie Motorenöl.


    Modifikation vorhandener Dämpfer:

    Bevor ihr andere Dämpfer kauft könnt ihr versuchen(wenn der Dämpfer zerlegbar ist), die Feder oder das Öl zu tauschen. Das ist oft spürbar billiger als komplett neue Dämpfer zu kaufen und definitiv kein Hexenwerk. In beide Dämpfer (also beide Gabelholme bzw Federbeine an der Schwinge) sollten die gleichen Komponenten verwenden werden, sonst bekommt ihr eine Asymetrische Belastung. Das kann den Verschleiß stark in die Höhe treiben und zudem das Fahrwerk beim Einfedern verziehen, was das Fahrverhalten ziemlich abenteuerlich (Gefährlich) macht.

    War jetzt viel, aber wer das alles gelesen hat, der sollte eine Idee haben, wie ein Dämpfer grundsätzlich funktioniert.

    Gruss: Alex (aka fishermans-end)


    Hier noch eine Ergänzung von mir:


    Verstellen der Federvorspannung

    Die Dämpfer haben meist die Möglicheit, die sogenannte Federvorspannung zu verstellen. Zum Beispiel von 1 (weich) bis 5 (hart). Was man da verstellt, ist nicht die Federspannung, sondern der dynamische Federweg. Oder schlicht die Fahrzeughöhe.

    Man nimmt dem Dämpfer bei der härtesten Stufe den Federweg weg, den er normalerweise zum Ausfedern bei Schlaglöchern etc. braucht. Diesen negativen Federweg nennt man SAG. Und der sollte rund 1/3 des Gesamtfederweges sein. Wenn nicht, hat man die Dämpfungseigenschaften massiv verschlechtert. Das kann zu miesen Fahreigenschaften bei schlechter Fahrbahn (Schlaglöcher) und mangelnder Übertragung von Drehmoment führen. Auch die Rutschgefahr steigt dank mangelnder Bodenhaftung.

    Wer seinen (zu kurzen) Dämpfer maximal auf Stufe 5 stellt, damit er nicht mehr durchschlägt, der macht ihn also einfach nur länger, auf Kosten der Strassenlage und Dämpfungsleistung.

    Sinniger ist es, gleich einen längeren Dämpfer einzubauen, und den korrekten SAG einzustellen. Dann muss man ihn vielleicht nur auf Stufe 3 stellen. Helfen tun also nur längere Dämpfer. Besonders bei häufiger wechselnden Gewichten (Sozia, Gepäck) bietet der längere Dämpfer deutlich mehr Spielraum. Und verzeiht mehr. Von der besseren Strassenlage ganz abgesehen.

    Härtere Federn dagegen sind keine Lösung, da sie nicht mehr mit den Dämpfern und dem Fahrzeuggewicht korrelieren würden. Im Ernstfall würden sie gar nicht mehr Einfedern, und damit gleichfalls den Fahrbahnkontakt verschlechtern. Motorrad-Tipps "Fahrwerk abstimmen" von Winni Scheibe


    Der SAG:

    Die Strecke, die ein Dämpfer sich zusammendrückt, wird SAG genannt. Es ist die Strecke zwischen dem unbelasteten Zustand (Maschine aufgebockt, Räder berühren gerade so den Boden) und dem belasteten Zustand (Fahrer und evtl Sozia und Gepäck). Dieser SAG sollte idealerweise 1/3 des Gesamtdämpferweges betragen. Der SAG ist genau der Dämpferweg, den das Rad "runterfallen" kann. Das ist wichtig, um auch bei Schlaglöchern noch den Bodenkontakt zu halten. Ist der SAG kleiner als die Bodenwelle, fliegt das Motorrad und verliert kurzfristig die Bodenhaftung. Dadurch wird dann keine Leistung mehr auf die Strasse übertragen.

    Besonders extrem ist das bei Starrahmen Fahrwerken. Die sind aufgrund des komplett fehlenden SAG nicht in der Lage, mehr als 50PS auf die Strasse zu übertragen. Wer also einen Starrahmen mit getuntem 117cui S&S Motor sieht weiss, was er davon zu halten hat...

    Hier ein Video von Progressive Suspension zu diesem Thema:




    Das Gabelöl

    Immer wieder taucht die Frage auf, ob man bei kürzeren Federn die Gabelölmenge verändern muss. Die Antwort ist NEIN. Mehr Öl macht die Federung härter, weniger Öl macht die Federung weicher. Man muss es so sehen: Wenn die Feder kürzer ist und die Gabelölmenge gleich, dann verhält sich das Bike, als hähätte man um den Differenz-Betrag schon eingefedert. Also wird die Feder ein wenig härter reagieren. Was im Sinne des Erfinders ist.

    Wenn man mit der Gabelölmenge experimentieren will, dann aber immer nur 5mm weise mehr oder weniger. Daran sieht man, dass die vorgeschriebene Menge schon recht nahe am Optimum ist.

    Aber die Dämpfungseigenschaften (um die es primär geht) bleiben bei der Mengenänderung gleich. Die Dämpfung ändert man durch die Viskosität des Öls. Je geringer die Viskosität (flüssiger, "weicher", 5-er Dämpfer Öl, Wasserartig) des Öls ist, um so weniger Widerstand erzeugt es. Dann bremst der Kolben schwächer.

    Wenn das Öl hingegen Hochviskos ist (Zäh, "härter", 15-er Dämpferöl, Honigartig), dann erzeugt es mehr Widerstand. Der Kolben bremst stärker.


    © 2011, Peter Viczena
    Zuletzt geändert von peter; 21.05.2014, 11:50.
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